VASEN
Ute Reeh stellt Vasen einander gegenüber: eine von Hand mit schwarzer Kreide gezogenen Umrißkontur und die computersimulierte Dreidimensionalität eines perfekten Gegenstandes. Gruppen dieser VASEN begegnen sich und beziehen aufgrund ihrer menschlichen Größe, den Besucher in ihr Rendezvous mit ein.
Die anschaulichen Qualitäten von Ute Reehs VASEN spannen sich zwischen Extremen:
Hier tastet das Auge die heilige Linie einer anmutigen Gestalt schrittweise ab, wobei das Gegenüber selber Körper eines Wesens wird, dessen Hals gleich einem Mund bedachtsam Einlaß gewährt und dann in seine schöne,
schwellende und sich zugleich wieder schließende Gebärde aufnimmt.
Dort führt die Suggestion einer mit Licht und Schatten modulierten Plastik, den Widerspruch zwischen realem Bild und imaginiertem Abbild ans
Lustvoll-Schmerzliche. Die perlmuttduftende Lasur einer samtenen und
zugleich gespannten Haut wölbt sich der eigenen Körperlichkeit entgegen, und entzieht sich doch.
In ihrer Verschiedenartigkeit umspielen VASEN das Vase - sein. Bereit sich zu öffen spannen sie zugleich ihre Oberfläche und streben immer wieder andere Stadien Ihrer Gestalt an.
VASEN besitzen das Potential beides zu sein - bergend, auf die Leere ihres Innern bezogen und entborgene, dem sie umgebenden, amorphen Raum gegenübergestellte Form.
In Vasen dringt ständig etwas ein - Luft und Licht, Wasser und
Blumenstengel, der neugierige Blick oder die Bilder der Gedanken - und
VASEN sind dafür offen. VASEN sind zugleich Exhibitionisten, entblößen sich ständig, tragen ihr Eigensein nach außen - ihre Gestalt, die sich zwischen dem Umschließen einer Inneren und dem Abgrenzen gegen eine äußere Leere hält.
Marietta Schürholz |